Viva la libertà! – In unserer vergleichsweise tabulosen und schamfreien Zeit, in der einst dringend gebotene Aufklärung zu profitabler Obszönität heruntergewirtschaftet wurde, hat es eine Theaterfigur wie Don Giovanni noch schwerer, verstanden und inszeniert zu werden als ohnedies.
Es ist die scheinbare Nähe, die zu schwer aufklärbaren Verwechslungen führt. Dabei ist gegen den pornografischen Durchschnittswüstling des 21. Jahrhunderts Don Giovanni ein romantischer Held von metaphysischen Dimensionen. Sören Kierkegaard begriff ihn als eine Ur-Gewalt, dem Eros oder Dionysos verwandt, eine antikische Gottheit, deren Wiedererwachen sich ausgerechnet der Kirche verdanke. Habe die Kirche den „Geist“ gesetzt, so auch, durch ihre Ausgrenzung, die „Sinnlichkeit“. Habe es die Lust vorher schon in vegetativ-animalischer Form gegeben, sei sie doch durch das Christentum und die Beschreibung des Gegensatzes neu formuliert worden.
Anders gesagt, die Oper Don Giovanni ist, wenigstens auf der Bühne, auf eine Welt angewiesen, die der Sexualität ihren Respekt durch Unterdrückung erweist und sie nicht durch pervertierte Liberalität und ökonomisch bedingte Tabulosigkeit entwertet.
Kierkegaard hält das Leben Giovannis für eine nicht in Kontinuität und Kausalität gebundene, rasende Aneinanderreihung von Momenten. So wie die Sexualität nicht final zu befriedigen sei, so auch nicht Giovannis Hunger. Er erneuere das Verlangen wie Faust: „So taumle ich von Begierde zu Genuss und im Genuss verschmacht’ ich nach Begierde.“ Kierkegaard sieht Giovanni jenseits moralischer Einwände, und natürlich könnten seine Mitmenschen ihn nicht stürzen, das könne nur der Sendbote einer jenseitigen Welt. Alle anderen Figuren der Oper existierten ja nur durch die Anwesenheit Giovannis, träten aus der Finsternis in sein Licht. Man könne sagen, dass die Figuren in Berührung mit den schöpferischen und zerstörerischen Kräften des Eros sind, den Giovanni verkörpere.
Es liegt auf der Hand, dass nur durch sichtbaren Druck und Gegendruck das eine wie das andere kenntlich wird, d.h. die sich bedingenden – und einander immer neue Kräfte zufließen lassenden – Gegensätze von Unterdrückung und Aufbegehren. In ihrem Wechselspiel liegen die Ambivalenzen, die der Oper ihre Bedeutung verleihen, verborgen.
Die Freiheit, nach der es Giovanni dürstet, hat mit dem bürgerlichen Freiheitsethos und der bürgerlichen Freiheitsverwahrlosung unserer Tage nichts zu tun, sie streift sie nur. Sein Verlangen ist die Grenzenlosigkeit. Dagegen steht eine Welt der strengen Einteilung und Ordnung, der unüberbrückbaren Klassen- und Standesunterschiede, der Moral und der Religion, deren Verdrängungsprozesse erst durch die Begegnung mit Giovanni sichtbar werden. „Freiheit zu was?“, fragen vielleicht Mozart und Da Ponte bang ihren Giovanni. Am Vorabend der Revolution einen Feudalherren das revolutionäre Verlangen nach Freiheit mitreißend aussprechen zu lassen, einen Mörder und mutmaßlichen Vergewaltiger zur Identifikationsfigur zu machen, um am Ende die Hölle auf die Bühne zu bringen – dieses Vorhaben ist so reich an Widersprüchen, geahnten und formulierten, so reich an Ängsten und Hoffnungen, falscher und echter Empörung, Dafür- und Dagegenhalten, irdischen und religiösen Horizonten, Zaudern und Wagen, Witz und Ernst, dass man meint ein Ringen fände statt, in dem keiner der Kontrahenten verlöre, sondern in dessen Hitze das Schlachtfeld in Flammen aufginge. „Freiheit“ und „Unfreiheit“ werden dabei in der flackernden Beleuchtung zu gleichermaßen beängstigenden Größen. Unsere Zeit löscht dieses Feuer gerne mit der Psychopathologisierung des Don Giovanni. Da uns nichts mehr heilig ist, ist uns auch nichts unheilig. Viva la libertà!
Sven-Eric Bechtolf
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